"Karl Arnold - das soziale Gewissen der CDU"
Bundeskanzlerin Angela Merkel:
"Ers steckte alle Kraft in den Wiederaufbau des jungen Landes und bemühte sich mit großem Erfolg um das Zusammenwachsen der unterschiedlichen Landesteile mit ihren eigenen Traditionen und Mentali-täten. Er gab entscheidende Anstöße zur Gründung der Montanunion, des Beginns der europäischen Einigung. Wenn wir in diesem und im nächsten Jahr das sechzigjährige Gründungsgeschehen der Bundesrepublik feiern, dann gehört Karl Arnold als einer der Gründungsväter unverzichtbar dazu."
Angela Merkel: "Er fand die Grundlagen für sein Wirken in seinem Glauben und der katholischen Soziallehre. Zugleich war er tief davon überzeugt, daß es einer christlich-demokratischen Volkspartei bedarf, die den Brücken-schlag zwischen den Angehörigen unterschiedlicher Schichten schafft. So half er an entscheidender Stelle mit, bei der Gründung der CDU Standes-grenzen ebenso zu überwinden wie konfessionelle Schranken. Er hat damit dem Zusammenhalt der deutschen Gesellschaft als Ganzes nach den Zer- störungen des Krieges große Dienste erwiesen. Heute wirken neue Flieh-kräfte auf unsere Gesellschaft ein, aber die Aufgabe, durch Zusammen-arbeit zu stärken, diese Aufgabe ist unverändert gültig. (Foto oben: Mi- nisterpräsident Jürgen Rüttgers bei der Gedenkveranstaltung im Landtag Nordrhein-Westfalen; unten: Der frühere CDU-Landesvorsitzende Dr. Worms, Vorsitzender der Karl-Arnold-Stiftung, bei seiner Rede)
Merkel: "Man sagt Karl Arnold nach, das soziale Gewissen der CDU ver- körpert zu haben. Tatsächlich gehörten Partnerschaftlichkeit von Arbeit- gebern und Arbeitnehmern, eine breite Eigentums- und Vermö-gensbildung und Gerechtigkeit zu den Themen, die ihm am meisten am Herzen lagen. Wenn wir heute einen neuen Anlauf zur breiteren Veran-kerung von Investivlohn und Arbeitnehmerbeteiligung unternehmen, dann nehmen wir damit einen seiner zentralen Ansätze auf, der in den vergangen Jahren zu stark an den Rand gedrängt worden war." (Foto unten: Der ehemalige Ministerpräsident Amelunxen gratuliert zur Wahl als Ministerpräsident".
Foto oben: Ganz links Karl Arnold, davor Jakob Kaiser, daneben Peter Alt- meier - Empfang beim 1. Bundesparteitag der CDU in Goslar. Merkel: "Auch heute bleibt richtig, was er damals wußte: Eine sozial gerechte Politik ist etwas grundlegend anderes als die Befriedigung mög- lichst aller Einzel- interessen. Gerechtigkeit war für ihn stets mehr als eine populistische Worthülse und nicht in Euro und Cent zu beziffern. Eine sozial gerechte Politik schafft vielmehr den Rahmen für gelebte Solidarität und Menschlichkeit und damit die Voraussetzung für eine eigenverantwort- liche Lebensgestaltung. Das ist ein hoher Anspruch. In den Worten
Karl Arnolds:
"Gerechtigkeit erfordert Wahrheit gegenüber sich selbst und anderen."
Bundeskanzler Adenauer bei Arnold Beerdigung
Merkel (1. Teil des Artikels in der Rheinischen Post): " Karl Arnold war einer der Gründerväter der CDU, er war Mitbegründer de Deutschen Gewerk- schaftsbundes, erster frei gewählter Ministerpräsident des Nordrhein-Westfalens und erster Bundesratspräsident. Eine klassische Politikerkarriere - könnte man aus heutiger Sicht bilanzieren. Aber das wird Karl Arnold nicht gerecht. Erst ein Blick auf die Persönlichkeit hinter diesem Ämtern zeigt uns seine Bedeutung, damals und heute.
Aus einfachen Verhältnissen stammend, verließ der Vierzehnjährige die Volksschule und machte eine Lehre als Schumacher. Er hätte sein Leben lang ein geachteter Schuster in seiner schwäbischen Heimat sein können. Doch er lieh sich Bücher, besuchte Schulungsveranstaltungen des Katholischen Gesellenvereins und Kurse der Sozialen Hochschule Leohaus in München. In der schwierigen Zeit nach dem Erstgen Weltkrieg, die dem Einzelnen nicht annähern die Chancen bot, wie es unser Bildungssystem heute tut, schaffte er mit Mut, Neugier und Fleiß den Einstieg in ein völlig anderes Leben. Er schaffte den gesellschaftlichen Aufstieg hin zu einer Zukunft gestaltenden Persönlichkeit. Diese Persönlichkeit, viel mehr als seine Ämter, ist es , die uns heute noch beeindruckt.
Wenn es heute darum geht, aus Deutschland eine Bildungsrepublik zu ma- chen, in der Chancen zum Einstieg und Aufstieg für jedermann im Mit- telpunkt stehen, dann geht es genau darum: die B efähigung, seine Talente zu nutzen, die Verantwortungsfreudigkeit und die Durchlässigkeit der Gesellschaft. Es ist ermutigend, wie weit sich der Wirkungskreis eines einzelnen Menschen erstrecken kann. Karl Arnolds Radius erweiterte sich stetig - von der Mithilfe auf dem elterlichen Hof in Herrlichhöfen zum Engagement in der Jugendorganisation der Zentrumspartei in Biberach und später in der CDU in Düsseldorf, wo er nach dem Krieg Oberbürger- meister und ein Jahr später Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen wurde."