Friedrich von Bodelschwingh (1831 - 1910)

Die  drei Prinzipien Bodelschwinghs:

1. Arbeitstherapie: "Ich täte meinen Kranken das größte Unrecht, wenn ich ihnen die Verantwortung nähme und alles bei ihnen entschuldigen wollte." Jedem wies er nach seinen Fähigkeiten und nach seinem Krankheitsgrad seinen Platz an. So gab er den Kranken das Bewußtsein, nützliche Glieder der Gemeinschaft zu sein. (nach Gisbert Kranz, Sie lebten das Christentum)

2. Familienprinzip: Bodelschwing hatte bei Besuchen im Rauhen Hause in Hamburg gesehen, wie Wichern in der Erziehungsarbeit an verwahrloster Großstadtjugend mit  Erfolg dieses Prinzip anwandte. Den Kranken sollte das Zusammenleben in familienhaften Gruppen soweit wie möglich einen Ersatz für das natürliche Familienleben bieten.

3. Prinzip der christlichen Fröhlichkeit: Sie überstrahlte alles Leid, diese Fröhlichkeit der Erlösten, von der "Vater Bodelschwing" selbst auf eine ansteckende Weise erfüllt war. Sei beseelte still den Alltag, wie wurde laut bei Festen und Feiern. Ein besonderes Erlebnis war das jährliche Bethelfest, das mit Posaunenchören, Liedern, Gebeten und Ansprachen als Dank- und Jubelfest im Freien unter hohen Bäumen im Anblick der schönen Bergland-schaft begangen wurde.

"Nicht in den Winkel gestoßen, nicht aus den Augen der Menschen herausge- schafft sollen die Elenden werden, sondern sie sollen fleißig, treulich, hart- näckig, unermüdlich und unerbittlich der kreuzesscheuen,fleischeszärtlichen und mammondienstbaren Welt in barzmherziger Liebe vor die Augen gestellt werden." Bodelschwingh in einem Vortrag auf der Ravensberger Konferenz für Innere Mission im Jahre 1874 (Martin Gerhardt, F. v. B., Bethel, 1952).

Oben und unten: Bodelschwingh unter Diakonissen

Einweihe der Diakone

Oben und unten: Missionare mit freigekauften Skaven

Oben: Missionsstation in Daressalam. Unten: Weihnachtsfest ebendort

Links das erste Pfarrhaus von Bodelschwinghs

Mit Kaiserin Augusta Viktoria, welche in Bad Ems im "Parkhotel" wohnte.

Im Jahre 1897 besuchte das Kaiserpaar Bethel und sprach Worte  der Anerkennung für Bodelschwinghs Werk. Im folgenden Jahr versuchte Bodelschwingh, durch einen Brief an die Kaiserin Einfluß auf den Kaiser zu gewinnen. Gegen die soziale Not schlägt er vor allem vor: Beschaffung von gesunden Eigenheimen für Arbeiterfamilien auf eigenem Grund und Boden; Beeinflussung der Arbeitgeber, sich ihrer Arbeiter besser anzunehmen; Gesetzgebung. Er suchte das Mißtrauen gegen sozialdemokratische Arbeiter zu zerstreuen. "Wollen Eure Majestät dem Kaiser nicht einmal sagen, daß es in Deutschland noch Hunderttausende von Familien gib t, die nur ein einziges Zimmer, ja vielfach nur ein einziges Bett haben... Wenn morgens um halb  sechsUhr die Fabrikpfeifen hier rings umher ihre schrillen Töne erklingen lassen, so muß ich an Hunderte von Familienvätern denken, die jahraus, jahrein weit über eine Stunde wandern müssen bis zur Arbeitsstätte, wo sie, an das Rad der Maschine vom Morgen bis zum Ab end angekettet, jeder Erheiterung der Familienfreude entbehren. Denn wenn sie morgens um halb fünf Uhr aufbrechen, schlafen die Kleinen noch, und wenn sie abends heimkehren, schlafen sie schon wieder. Die meisten Kinder... sehen ihre Väter nur als Bestien; wenn dieselben die ganze Woche hindurch bis zur äußersten Erschöpfung gearbeitet, bleiben sie Sonntag morgen im Bett liegen, und nachmittags gehen sie in die Branntweinschenke, um hier mit Hilfe des Branntweins ihr trauriges Dasein zu vergessen... Und wenn man nun die Fabrikherren anfaßt und ihnen zeigt, wie leicht sie es haben könnten, ihren Arbeitern ein freundliches Heim und die Nähe der Arbeitsstätte als Ersatz für Leib und Seele ausdörrende Fabrikarbeit zu schaffen, ach, was bekommt man dann für Antworten! Oh, wenn ich Seiner Majestät ein Lied singen wollte von der unaussprechlichen Gleichgültigkeit - ich möchte sagen, von dem Fischblut der größten Zahl der Arbeitgeber, namentlich der zahllosen Aktiengesellschaften, die immer nur den armen Aktionär kennen, auch wenn sie nur 20 % Dividente zahlen, und nie den armen Aktionär, dan würde Seine Majestät gegen diese Leute in rechtem Zorn entbrennen..."