___________________________________________________________________________________ Siehe unten:  -  Richard Schröder, Theologe und Sozialdemokrat, kämpft für Religionsunter- richt an Berliner Schulen, "Kompromisse werden vom Tisch gewischt"(RM,12/2005)                  - Das Opium der Partei ~ Die Berliner SPD führt einen Kulturkampf gegen den Religionsunterricht  (von Robert Leicht, DIE ZEIT, 16/2005) ____________________________________________________________________________________

Der Mensch erwirbt nicht seine Würde, er ist Person von Anfang an

Positionstext anläßlich eines Besuches in den "Heimen Scheuern", Nassau, Lahn

Eine Gesellschaft ohne Behinderte ist eine kranke Gesellschaft. Deshalb sind wir hier. Wäh-rend des Naziterrors verteilten Männer und Frauen der christlich-sozialen Bewegung in Bad Ems und andernorts von Hand abgeschriebene Predigten des münsteraner Bischofs von Galen (Predigt in der Lambertikirche zu Münster/Westfalen). Wir gedachten 2003 seines 125. Ge-burtstages. Am 3. August 1941 ruft er mit Donnerstimme: "Wenn es einmal zugegeben wird, daß Menschen das Recht haben 'unproduktive Menschen' zu töten - und wenn es jetzt auch nur arme wehrlose Menschen und Geisteskranke trifft - dann ist grundsätzlich der Mord an allen unproduktiven, also an den unheilbar Kranken..., ist der Mord ann uns allen, wenn wir krank und altersschwach und damit unproduktiv werden, gegeben".    Der Mensch, heute zum Mit-spieler der Evolution geworden, darf also nicht, wie der jüdische Philosoph Hans Jonas sagt, wie die Tiere alles tun, was er kann. Denn der Mensch erwirbt sich nicht erst seine Würde, er ist in seiner Gottesebenbildlichkeit Person von Anfang bis zum Ende. Dem behinderten Men-schen, schon dem extrakorporal erzeugten Embryo, dem Schwerstkranken kommt Würde und Lebensrecht zu. Deshalb ist ein prozeßhafter  Begriff der Menschenwürde entschieden abzu-lehnen. Schleichenden Entwürdigungsdefinitionen des Artikels 1 muß ernergisch gewehrt werden. Tatsächlich befinden wir uns in einer gesellschaftlichen Situation, wo menschliches Leben in Gefahr gerät bis zu seiner Beendigung instrumentalisiert zu werden un der Unter-schied zwischen Zeugung und Produktion, zwischen Mensch und Sache immer mehr ver-schwimmt. Die Präimplantationsdiagnostik bewirkt, daß heute beinahe alle Kinder mit dem "Down-Syndrom" ("Mongolismus") abgetrieben werden, in den Niederlanden gab es tau-sende von Fällen, in denen lebensbeendende Handlungen onde ausdrücklichen Wunsch des Getöteten vorgenommen worden sind.    Die Mitarbeiter der "Heime Scheuern" praktizieren keine Fernstenliebe, sondern bringen täglich ihre Kraft für den konkreten Menschen ein. Sie gehören zu den eigentlichen "Super-Stars" unserer Gesellschaft, denen diese deutlich mehr Anerkennung und Hochachtung entgegenbringen muß - auch in finanzieller Hinsicht!

"Kompromisse werden vom Tisch gewischt" (RM)

"Offenbar ist ganz vergessen, welche positive Rolle die Kirche beim Ende der DDR gespielt hat. Mein Respekt vor jenen religionskritischen Wohlstandkin-dern, die für ihre Überzeugung nie ernsthaft ihre Haut zu Markte tragen muß- ten, hält sich sehr in Grenzen." "Ich würde mein Kind nicht in ein Schulfach schicken, das - wie es die PDS beabsichtigt - unseren christlichen Glauben rela- tivieren soll. Das ist die Fortsetzung der DDR mit anderen Mitteln."

Ist die christliche Religion wichtig für die Identität Deutschlands? Ja, und zwar schon aus dem Grund, daß wir uns in unseren Städten, in Kirchen, Klostergebäuden und Museen wie Anal-phabeten bewegen, wenn die christliche  Tradition verloren geht. Schon jetzt kennen viele Ju- gendliche und Erwachsene die religiöse Bilderwelt nicht mehr, verstehen also die mittelalterli-che Kunst nicht. Aber sie verstehen auch viele bis heute lebendige Schlüsselbilder nicht. Unse- re Sprache ist angefüllt mit Bildern wie dem vom barmherzigen Samariter oder dem Judas-lohn , die nicht nur eine Redewendung sind. Der barmherzige Samariter etwa steht in unserer Kultur auch für ein Programm: nämlich, daß der, der zerschlagen am Wege liegt, mein Näch- ster ist - denken Sie nur an den Samariter-Bund.   Es geht also nicht nur um das Verständnis der Kultur, als noch fast ausschließlich christlich war. Es geht nicht nur darum, daß das Mit- telalter verschwindet, sondern es geht auch darum, daß die immer noch präsenten Bilder und Metaphern verschwinden oder nicht mehr verstanden werden. Ich sehe tatsächlich die Gefahr, daß wir den kulturellen Code Europas, der auch über Differenzen der Nationen und Sprachen hinweg etwas Verbindendes darstellt, verlieren ( Richard Schröder, Theologe).

(Rheinischer Merkur, Nr. 12, 2005 - Fragen: Brigitta Mogge-Stubbe, AUSZUG)

Robert Leicht, DIE ZEIT, 16/2005, Seite 1:

"Das Opium der Partei"

Die Berliner Sozialdemokraten führen einen Kulturkampf gegen den Religionsunterricht.

...In Glaubensdingen und Wertefragen aber hat der Staat nur über zweierlei zu wachen: über die wissenschaftliche Qualifikation der Lehrenden - und über deren Verfassungstreue. Was hingegen authentische Lehre einer Religion ist, haben deren berufene Vertreter zu verant-worten. Zwischen den Angeboten zu wählen haben schließlich nur die Adressaten, die Eltern und Schüler - und das allein nach ihrer Fasson. Bildungsbreite und Wahlfreiheit auf eine knappe Formel gebracht: Wer Religionsunterricht wünscht, bekommt ihn - wer ihn ablehnt, eben nicht. Diskriminiert wird weder der eine noch der andere.    Ihre Kirchenkritik könnte man der Berliner SPD ja noch nachsehen - schließlich hatte sich die weiland preußische Staatskirche viel zu langeZeit sehr unverständig gegenüber der Sozialdemokratie verhalten. Doch das ist schon eine Weile her - und wenigstens die Kirchen haben aus diesem Kannit-verstan viel gelernt. Aber daß diese Religionsfreindlichkeit in eine Wahlfeindlichkeit - das ist eine Totsünde wider den Geist der Freiheit; denn auch die Religion gehört zur Freiheit. Der Eifer, mit dem die Berliner Parteifunktionäre den heranwachsenden Bürgern amtliche Werte-vorgaben machen und mit dem sie deren eigene Überzeugungen ins Abseits schieben wollen - dieser Eifer hat sowohl ideologische als auch autoritäre Züge. Und provinziell ist er noch dazu.