Zarin Alexandra Feodorowna

 ~ Friederike Charlotte Wilhelmine von Preußen ~

* 13. Juli 1798 in Berlin + 2. Juli 1860 in Zarskoje-Selo bei St. Petersburg




Prinzessin Charlotte, älteste Tochter Friedrich Wilhelms III. und der Königin Luise, heiratete an ihrem 19. Geburtstag 1817 in der Kirche des Winterpalastes von St. Petersburg den zweiten Bruder Alexander I., den Großfürsten Nikolaus Pawlowitsch und zukünftigen Zaren.

Obwohl ihre Ehe aus politischen Gründen zur Bekräftigung des russisch-preußischen Bündnisses nach dem napoleonischen Befreiungskriegen geschlossen wurde, war sie eine Liebesheirat und entwickelte sich im Laufe der Jahre, bereichert durch 7 Kinder, zu einem harmonischen Familienglück (Text in weitgehender Anlehnung an Rudolf Scharmann).




Kennengelernt hatten sich Charlotte und Nikolaus am 6. März 1814, als der Großfürst bei seiner Rückkehr aus dem Frankreichfeldzug in Potsdam Zwischenstation machte. Seine Zuneigung gestand er kurz darauf dem kaiserlichen Bruder, der 1815 für ihn bei Friedrich Wilhelm III. um die Hand der Prinzessin anhielt. Charlotte äußerte sich ähnlich gegenüber ihrem zweiten Bruder Wilhelm, dem späteren ersten deutschen Kaiser, zu dem sie zeitlebens ein sehr enges Verhältnis hatte. Bis zu ihrer Abreise nach Rußland im Sommer 1817 nutzte sie die Zeit, um mit Hilfe eines russischen Priesters die fremde Sprache zu lernen und sich mit Kultur, der Geschichte und den Sitten ihrer künftigen Heimat vertraut zu machen. Mit ihrer Vermählung wurde sie Großfürstin und erhielt bei ihrem Übertritt zur russisch-orthodoxen Kirche den Namen Alexandra Feodorowna. Anfangs fiel es ihr schwer, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden, was nicht zuletzt an ihrem kühlen und verschlossenen Wesen lag, das ihr häufig als Arroganz und Überheblichkeit ausgelegt wurde. Tatsächlich sollte sie wenig Freunde finden und zeitlebens auf ihren Mann, ihre Kinder und die preußische Verwandtschaft fixiert bleiben.




Schon als Kind hatte sie sich die weiße Rose als Sinnbild gewählt. Im Familienkreis trug sie den Kosenamen "Blanche-Fleur", nach der Heldin eines Ritterromans von Friedrich de la Motte Fouqué, der zur Lieblingslektüre der königlichen Geschwister zählte. An ihre preußische Jungmädchenzeit erinnerte sich die Hofdame Caroline von Rochow: "Prinzessin Charlotte, die spätere Kaiserin, trat schon in dieser Zeit mit dem gerechtfertigten Anspruch einer bedeutenden Persönlichkeit auf und war der Mittelpunkt eines jugendlichen Kreises, aus dem ihr viele Huldigungen dargebracht wurden... Ohne eigentlich schön zu sein, konnte sie doch mit Recht den Anspruch darauf erheben,  denn es lag so etwas besonderes Ausgezeichnetes in ihrer Haltung, ihrem Gang, ihrem Auftreten, daß man dadurch den Mangel an jugendlicher Frische bei ihr übersah und den Eindruck behielt, daß sie für eine hohe Stellung geboren sei ... Daneben war ihr ganz der romantische Sinn jener Zeit eigen, der sich nachher bei ihr in den festgehaltenen Emblemen von weißen Rosen,Sinn für Poesie und Idealität der Gefühle doch mit dem Grade der Eitelkeit vereinigte, dem eine gefeierte, hochgestellte Frau so selten entgeht."


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1818 besuchte Friedrich Wilhelm III. mit dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm (IV.) seine Lieblingstocher, die gerade den späteren Thronfolger Alexander (II.) geboren hatte. Zu Ehren der Gäste wurden in St. Petersburg und Moskau zahllose Feste, Bälle, Vergnügungen und Militärparaden abgehalten. Zu den engsten Vertrauten Alexandra Feodorownas zählte der Dichter Wassili Schukowski (1783 - 1852) in Bad Ems wohnte er im Hotel "Zum Hirsch"), der ihr Russischunterricht erteilte und dem sie die Erziehung ihrer Kinder, vier Großfürsten und drei Großfürstinnen anvertraute.


Schukowski widmete ihr einige Gedichte, in denen er sie unter dem Namen "Lalla Rookh", der Heldin einer gleichnamigen Dichtung von Thomas Moore, besang.




Auch nach der Thronbesteigung ihres Mannes 1825 (oben) strebte sie nie nach politischer Betätigung. Seit dem Tod ihrer Schwiegermutter übernahm sie das Patronat über einige Mädchenerziehungsanstalten und Schulen, die sie regelmäßig förderte. Zur Belebung der Viehzucht und der rückständigen Landwirtschaft ließ sie Ausländer, vor allem Deutsche, anwerben. Schließlich erreichte sie die Gründung von Ackerbauschulen, um das Erlernte weiterzugeben. Das autokratische Regierungssystem Nikolaus I. stellte sie nie in Frage. Als Zarin hatte sie zahllose Repräsentationsaufgaben zu erfüllen sowie offizielle Persönlichkeiten, Politiker, Diplomaten und hochrangige Verwandte zu empfangen. In  den vierziger Jahren reiste sie auf ärzlichen Rat nach Italien; ihre Gesundheit war durch die vielen Geburten, vermutlich auch durch das rauhe russische Klima, schwer angegriffen. In den folgenden Jahren, besonders nach dem Tode ihres Ehemannes 1855, verschlechterte sich ihr Zustand zusehens. Nach ihrem letzten Besuch in der Heimat - sie hatte Berlin und Potsdam jahrelang regelmäßig mit ihrer Familie bereist - verabschiedete sie sich von ihrem todkranken Bruder Friedrich Wilhelm IV. und starb noch zwei Monate vor ihm am 2. November 1860. Beigesetzt wurde sie in der Kathedrale der St. Petersburger Peter-und-Paul-Festung.




Im Berliner Umfeld erinnern heute noch einige Bauten, Kunstwerke und Begebenheiten, die der russsisch-preußischen Freundschaft, personifiziert durch Charlotte - Alexandra Feodorowna, gewidmet sind: Das russiche Blockhaus und die Kirche St. Peter und Paul auf Nikolskoe sowie die Potsdamer Kolonie Alexandrowka mit der dem Hl. Alexander Newskij geweihten Kirche auf dem Kapellenberg. Ihrem Bruder Carl schickt sie 1828 als Geburtstagsgeschenk eine Bronzekopie des "Milchmädchens" aus Zarskoje-Selo für seinen Park in Glienicke. In Erinnerung an die 40. Wiederkehr des berühmten Ritterturniers "Der Zauber der Weißen Rose", das zu Ehren der Zarin an ihrem Geburtstag am 13. Juli 1829 vor dem Potsdamer Neuen Palais von Sanssouci gefeiert wurde, ließ Prinz Carl 1869 auf dem Glienicker Böttcherberg die Loggia Alexandra errichten. Der Ort soll einer ihrer Lieblingsplätze gewesen sein.

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